Wirtschaftswunder
Bilder 50er Jahre
Bilder 60er Jahre
Bilder 70er Jahre
Ausstellungen
DDR
Spielzeug
Impressum / Kontakt

DDR-Reklame 

In der Regel gab es in diesem Bereich jedoch eine recht klare Trennung zwischen Kommerz und Politik, letztere „warb“ vielmehr in eigenständigen Anzeigen mit „gesellschaftlicher Propaganda“ beispielsweise für die Erfüllung des Plansolls („Mit dem Fünfjahresplan unserm Friedensplan zu erhöhtem Wohlstand“), „Für Frieden Freiheit und Aufbau“ oder für den Jahrestag der Republik („2 Jahre DDR – 2 Jahre Aufstieg“).

Zur Mitte der 50er hin kommt Farbe in die Zeitschriftenwerbung. Spielte sich bis dahin technisch bedingt noch fast alles in Schwarzweiß ab, besteht nun die Möglichkeit, zumindest auf den farbigen Umschlagseiten von Publikationen wie „Neues Leben“ oder auch dem 1954 erstmals erscheinenden „Das Magazin“ Anzeigen in Farbe abzudrucken. Insbesondere im „Magazin“ wird von dieser Möglichkeit rege Gebrauch gemacht und so sind dort in der Folge neben viel durchschnittlichem auch einige grafisch ausgesprochen reizvolle Werbeserien wie zum Beispiel für das HO (=Handelsorganisation) Warenhaus an der Stalinallee

                                   

1954

 

1955

 

1955

 

                 

1955

 

1955

oder die Speisewürze Bino zu finden.

1955

Letztere wurde übrigens zusammengebraut im VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld (Bino = Bitterfeld Nord) und ist Resultat eines im Rahmen des „neuen Kurses“ initiierten Konsumgüterprogramms, in Folge dessen Betriebe zur besseren Versorgung der Bevölkerung auch Massenbedarfsartikel herstellten, die bisweilen gar nichts mit den von diesen üblicherweise produzierten Erzeugnissen zu tun hatten (Quelle: Das große Lexikon der DDR-Werbung).

Waren die Anzeigen bis dahin fast ausschließlich gezeichnet und / oder gemalt, ist theoretisch mittlerweile auch die Verwendung von Fotos möglich. Doch die dafür nötigen Anforderungen an technisches Gerät und Papierqualität sind so hoch - und damit so aufwändig und kostspielig - dass davon nur selten Gebrauch gemacht wird.

Mit dem Erscheinen der Modezeitschrift Sibylle im Jahr 1956 scheinen solche Probleme jedoch gelöst. Begünstigt durch die Tatsache, dass es sich bei den ersten beiden Ausgaben „der jungen Zeitschrift, die zeigt, was unsere Modeschöpfer an Schönem und Modernem bereits wieder vollbringen“ um ein zeitgleich zur Leipziger Messe erschienenes Heft und um eine Weihnachtsausgabe handelt, bestehen diese beiden Magazine zu immerhin je einem Viertel aus Inseraten, die zudem nicht mehr nur lediglich auf den Umschlagseiten farbig gestaltet sind, sondern auch auf mehreren Seiten im Innenteil. - Doch wie so oft bedeutet Quantität auch in diesem Fall nicht gleich Qualität und so gibt es für die Redakteure von Neue Werbung jede Menge Anlass zu teilweise harscher Kritik: „Ein Kosmetikbetrieb stellt beispielsweise Lippenstifte her und will dafür werben. Er bringt also in seiner Anzeige das Portrait einer mehr oder weniger intelligent aussehenden Frau, stellt daneben seinen Lippenstift und schreibt darunter seinen Firmennamen. Wenn er ganz „einfallsreich“ ist, fällt ihm noch eine „werbende“ These ein: „Für die moderne Frau“ oder „Qualitätserzeugnis“. Man sollte denken, eine derart primitive Werbung wäre längst überholt! Aber 50 v.H. aller Anzeigen der verschiedenen Wirtschaftszweige „werben“ in der Sibylle so, und in anderen Zeitschriften ist es nicht viel anders. Unerwartet deutlich wird dann der Nachsatz inklusive einer Anspielung auf die viel zitierte „Weltniveau“-Forderung des Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht: „Die Werbetreibenden gehen diesen Weg, trotz entwickelten Werbemethoden und guten Hinweisen. Das ist ihr Beitrag zum Weltniveau – oder zumindest, was sie darunter verstehen.“

Höchst aufschlussreich liest sich an anderer Stelle die Analyse eines ebenfalls in der Sibylle zu findenden Inserats des VEB Feinstrumpfwerke 3 Tannen. Mit einer gehörigen Portion Ironie wird die damalige werbetechnische Sicht der Dinge aufgezeigtt: „Die grafische Gestaltung ist anspruchslos, aber im Verhältnis zu vielen anderen Inseraten dieser Ausgabe wenigstens ruhig. Die obere Schrift ist schlecht lesbar. Auf den ersten Blick glaubt man, die Firma hieße „3 Tonnen“; die Füße der scharmanten Dame sind unscharmant (wahrscheinlich ist der Grafiker damit nicht fertig geworden). Die drei Worte „Beliebt, Bewährt, Begehrt“ sind eine mehr als magere Aussage, die wohl kaum eine Frau zum Kauf gerade dieser Strümpfe veranlassen wird.“ Anstatt solcher Phrasen wünschen sich die Werbeexperten vielmehr Informationen darüber, dass dieses Erzeugnis in verschiedenen Qualitäten, Farben und modischen Ausführungen zu kaufen ist. Augenscheinlich stieß die Kritik zumindest in Teilbereichen auf offene Ohren: In den nachfolgenden Anzeigen dieses Betriebs kommt die Grafik wesentlich gefälliger daher und auch der zuvor schlecht leserliche Schriftzug wurde überarbeitet.

Insgesamt ins Auge sticht bei fast allen diesen Anzeigen die Unstimmigkeit zwischen dem Bild der eigenständigen und berufstätigen Frau, wie es in der DDR von der Politik gerne propagiert wurde, und einem eher dem traditionellen Rollenklischee entsprechenden, wie es in der Werbung gezeichnet wird. Was wie ein Widerspruch daherkommt, entpuppt sich als kalkulierte Strategie: „Die Frau spielt bekanntlich im gesellschaftlichen Leben unserer Republik eine ebenso wichtige Rolle wie der Mann, eine Tatsache, die bei der Motivforschung nicht übersehen werden darf. Die Frau gewinnen heißt die ganze Familie gewinnen, heißt den werblichen Erfolg mehrfach erhöhen.“ Und „gewonnen“ wurde auch - und vielleicht gerade - in der DDR die Mehrzahl der Frauen sicherlich nicht durch Darstellungen von Maschinen bedienenden Arbeiterinnen oder Traktoristinnen bei der Feldarbeit, sondern wohl doch eher durch Szenarien, die ein schönes und unbeschwertes Leben abbilden, sei es im festlichen Abendkleid auf einem Empfang oder beim Kostümball in den Armen eines attraktiven Mannes.

Überproportional häufig vertreten ist die Werbung der bis dahin von der Verstaatlichung verschont gebliebenen privaten Firmen, die 1957 für noch rund 20% des DDR-Wirtschaftsvolumens verantwortlich sind. Im Gegensatz dazu hält sich im Sybille-Weihnachtsheft die Werbung der privaten Betriebe im Vergleich mit der der volkseigenen die Waage. Grund genug für die Neue Werbung – Redaktion, anzumahnen, „dass unsere volkseigene Wirtschaft die Wichtigkeit einer kontinuierlichen und planmäßigen Werbung – nämlich durch Aufklärung und Erläuterung den Kaufwillen der Käufermassen zu wecken – offensichtlich unterschätzt.“ Generell bemängelt wird „die Diskrepanz zwischen „Kosmetik“ mit 19 Prozent und „Kultur“ mit nur 2,5 Prozent Anzeigenbeteiligung. Was also fehlt, sind Anzeigen unserer Verlage, der Kulturstätten, des staatlichen Kunsthandels, des Volkskunsthandels usw.“.

Auch die – nach wie vor recht holprigen - Reime sind noch immer nicht in der Mottenkiste verschwunden: „Die Hausfrau gönnt sich jetzt mehr Ruh’, Fit trocknet ab, macht blank im Nu“, „Fay wäscht für zwei“ oder „Seitdem Du glätt-Frisier-Creme nimmst, gefällst Du mir viel netter, weil Du durch die Frisur gewinnst, Dein Haar sitzt viel adretter.“ lauten Mitte der 50er die Ergebnisse der Werbetexter- Bemühungen. Hübsch auch „Willst Du klangrein Rundfunk hören, ersetze Deine müden Röhren“.

Immerhin entstehen aber auch Anzeigen, die durchaus höheren Ansprüchen gerecht werden und von denen einige besonders sehenswerte vom Gebrauchsgrafiker Horst Geil gestaltet wurden. 1948 von den Fewa-Werken als Messestandsgestalter und Werbegrafiker engagiert, ist der Karl-Marx-Städter zum Beispiel für eine modernere zeichnerische Sichtweise der bereits vor dem Krieg „geborenen“ und seitdem in vielerlei Form für das Waschmittel Fewa werbenden Figur „Johanna“ verantwortlich. Sein Rezept: Humor. „Von Beginn an vertrat ich die Meinung, dass sich auch eine seriöse Werbung mit Humor ausgezeichnet vertrage“ erläutert er 1960 seine ganz persönliche Sicht der Dinge, „man muß nur den Humor in der Werbung seriös gestalten, wenn dieser zweckvoll bleiben soll.“ Derart löst er die „alte“ Johanna aus ihrer Erstarrung, gibt ihr „Leben und Inhalt“. „Mehr und mehr ging ich dazu über – rhythmisch im Schwung der Linie, harmonisch in der Gliederung -, dekorative Symbole der Lebensfreude zu schaffen mit ausdrücklicher Betonung dessen, was die werbliche Aussage für Markenartikel verstärken half“. Und so verkörpert Geils „Johanna“ nicht mehr länger die zwar sympathische, aber mittlerweile doch recht angestaubte matronenhafte Hausfrau „vom alten Schlag“, sondern wirkt trotz des nach wie vor vorhandenen, weil charakteristischen Haardutts wesentlich frischer und zeitgemäßer. Sie kann sogar eine deutlich sichtbare Taille vorweisen - schön zu sehen in einer besonders gelungen Werbung, auf der sie sich hinter einem durchsichtigen Paravent ihres Perlon-Unterrocks entledigt hat und diesen nun einer Waschschüssel mit Fewa anvertraut.

1957

 Obwohl nur vier Monate pro Jahr präsent, war auch das für ein gleichnamiges Insektenvernichtungsmittel werbende „Mux-Männchen“ eine ebenso bekannte wie beliebte Werbefigur. „Es kommt und verschwindet mit den Fliegen“ bemerkt Neue Werbung. Aus gleicher Quelle ist auch zu erfahren, dass die Figur von Anfang an nicht nur zum Einsatz als dreidimensionale Plastik, sondern auch für „die flächige Anwendung auf dem Plakat und im Inserat“ konzipiert war: „Die vielfältige Verwendbarkeit bei Mux ist also kein Zufall“. Es entstand so eine ganze Reihe von Anzeigenmotiven, in denen Mux zumindest größenmäßig jedoch nur eine Randfigur abgibt.

                                 

1954

 

1954

Bestimmt werden die Darstellungen jeweils von den eindrucksvoll realistisch dargestellten Plagegeistern selbst, nämlich den Fliegen. Vor dem Start der Kampagne musste bei den Verantwortlichen erst Überzeugungsarbeit geleistet werden, denn „es war eine heftige Abneigung bei den Experten des chemischen Großbetriebes zu überwinden, die diese humorvoll wirksame Art zu werben, gemessen an der wissenschaftlich-technisch-volkswirtschaftlichen Bedeutung ihrer Erfindung, als herabsetzend empfanden“.

Noch zwei Kuriositäten am Rande: Da das in der „Ostzone“ gelegene Genthiner Werk des Waschmittelherstellers Henkel durch die Sowjets verstaatlicht wurde (VEB Persil-Werk), gab es bis zur Mitte der 50er in der DDR auch Persil zu kaufen. Dann klagte Henkel, und der Name musste aufgegeben werden. Übrig geblieben ist immerhin eine durchaus reizvolle Werbung, die einmal eine ganz andere, moderne Auffassung der legendären „weißen Frau“ zeigt.

1955

Und sogar „Promiwerbung“ gab es in der Deutschen Demokratischen Republik: Der VEB Zitza-Werk Zeitz warb für seine Haarpflegeprodukte mit dem Konterfei des legendären Komikers Eberhard Cohrs.

1962

Mehr Bildmaterial zum Thema "Werbung in der DDR" über "Bilder 50er Jahre" und "Bilder 60er Jahre" in der Menuleiste links. Gewünschte Jahrezahl anklicken, dann "DDR".


      ZURÜCK                                                                                                                              HOME

www.wirtschaftswundermuseum.de